Humboldt-Universität zu Berlin - Albrecht Daniel Thaer-Institut für Agrar- und Gartenbauwissenschaften

BMBF-Forschungsprojekt

Klimavariabilität und Phänologie in Mitteleuropa (Laufzeit: 01.12.1998-30.11.2000)

Zielstellung:

Das Ziel des Forschungsprojekts “Klimavariabilität und Phänologie in Mitteleuropa” war, anhand der Daten der Internationalen Phänologischen Gärten (IPG) phänologische Mittelwert-, Einzeljahres- und Trendkarten zu erstellen und Beziehungen zwischen der großräumigen Klimavariabilität (Zirkulationsmaße und meteorologische Felder) und der Vegetationsentwicklung in Europas zu untersuchen.

Schlußbericht (Kurzfassung):

Phänologische Karten geben einen guten Überblick über die regionalen Unterschiede in den Eintrittsterminen phänologischer Phasen. Im Rahmen des Projektes wurden Karten verschiedener Einzelphasen sowie des Beginns, des Endes und der Dauer der Vegetationsperiode erstellt. Die einzelnen Phasen zeigten dabei zum Teil starke Abhängigkeiten von geographischer Länge und Breite sowie der Höhe über NN, was größtenteils auf der Abhängigkeit der phänologischen Phasen von der Lufttemperatur zurückzuführen ist. Über multiple Regressionsanalysen wurden die Abhängigkeiten quantifiziert, die Güte der gefundenen Regressionsgleichungen wurde mittels t- und F-Test bestimmt. 

Die Trendanalysen des Beginns, des Endes und der Länge der Vegetationsperiode ergaben eine Verlängerung der Vegetationsperiode in 7 von 11 untersuchten Naturräumen (p<0.05). Die Verlängerung der Vegetationsperiode basiert zum Großteil auf einem früheren Beginn der Vegetationsperiode, weniger auf einer Verspätung des Vegetationsendes. 
Die im Zeitraum der letzten 30 Jahre (1969-1998) europaweit beobachtete Erwärmung im zeitigen Frühjahr (Februar bis April) führte zu einem deutlich früheren Beginn der Vegetationsperiode und damit zu einer Verlängerung der Vegetationszeit um insgesamt 10.5 Tagen. Ursache für die beobachtete Erwärmung ist die Veränderung der Zirkulation im zeitigen Frühjahr über Europa, mit zunehmend positiven Phasen der Nordatlantischen Oszillation (NAO). Insbesondere seit dem Ende der 80er Jahre sind deutliche Änderungen in der NAO zu beobachten, die letztendlich zu einem Anstieg der mittleren Lufttemperatur von Februar bis April und damit zu einer Verfrühung des Vegetationsbeginns um 8 Tage geführt haben. Zwischen 1989 und 1998 wurde in Europa in 8 von 10 Jahren ein vorzeitiger Vegetationsbeginn beobachtet. 
Im Mittel der Jahre 1969 bis 1998 ergibt sich bei einer Erwärmung im Zeitraum Februar bis April von 1°C eine Verfrühung der Vegetationsbeginns von 6.7 Tagen. Die Dauer der Vegetationsperiode verlängert sich in Europa um 5 Tage bei einem Anstieg der Jahresmitteltemperatur um 1°C. 

Die Beziehungen zwischen der großräumigen Lufttemperatur und dem Beginn der Vegetationsperiode in Europa wurden anhand der Kanonischen Korrelationsanalyse (CCA) untersucht. Die Zusammenhänge zwischen beiden Feldern konnten mit drei kanonischen Mustern dargestellt werden. Das erste Muster, das den größten Teil der Varianz erklärt (43 %), zeigt einheitliche Verhältnisse mit über- bzw. unternormalen Temperaturen in ganz Europa und dementsprechend einen verfrühten bzw. verspäteten Beginn der Vegetationsperiode. Die nächsten zwei Muster zeigen regionale Unterschiede in den Anomaliefeldern. Während das zweite CCA-Muster eine meridionale Struktur besitzt, zeigt das dritte Muster eine zonale Anordnung. In allen Fällen weisen die regionalen Anomalien der Lufttemperatur und des Beginns der Vegetationsperiode hohe Abhängigkeiten auf. Die Korrelationskoeffizienten zwischen den Anomaliefeldern liegen zwischen 0.90 für das erste und 0.66 für das letzte Muster. Für alle Felder konnten entsprechende Beispiele in den Beobachtungsdatensätzen gefunden werden. 

Die wichtigsten Ergebnisse, die im Rahmen dieses Projektes erzielt wurden, lassen sich stichpunktartig wie folgt zusammenfassen:

1. Der Frühling zieht in Europa mit einer Geschwindigkeit von 44 km/d von S nach N, mit 200 km/d von W nach E und mit 32 m/d mit zunehmender Höhe  ein. 

2. Der mittlere Vegetationsbeginn in Europa hat sich in den letzten 30 Jahren um 8 Tage verfrüht, wobei eine Häufung früher Termine seit dem Ende der 80er Jahre beobachtet wird.

3. In fast allen Naturräumen zeigen sich Verfrühungen im Vegetationsbeginn, lediglich in SE-Europa wurden Verspätungen beobachtet. Der stärkste Trend zur Verfrühung wurde für Mitteleuropa beobachtet.

4. Eine Erwärmung im zeitigen Frühjahr um 1 K (Februar - April) führt zu einer Verfrühung des Vegetationsbeginns um ca. 7 Tage.

5. Das Vegetationsende zeigt in fast allen Naturräumen die Tendenz zu Verspätungen, die jedoch größtenteils nicht statistisch gesichert sind.

6. Infolge des vor allem zeitigeren Vegetationsbeginns ergibt sich in 7 von 11 Naturräumen ein signifikanter Trend zu einer Verlängerung der Vegetationsperiode. 

7. Die mittlere Vegetationsperiode dauert in Europa 188 Tage (Beginn: 23.04., Ende: 28.10.) und verlängert sich mit Zunahme der Jahresmitteltemperatur um 1 K um 5 Tage.

8. Die Trends in der Vegetationsentwicklung korrespondieren gut mit Veränderungen der Zirkulation und der Lufttemperatur im Spätwinter und Frühling (Februar bis April).

9. Die Zusammenhänge zwischen Anomalien im Temperaturfeld über Europa und der regionalen Vegetationsentwicklung im Frühjahr sind hoch. 

10. In der Mehrzahl der Fälle führen positive bzw. negative Temperaturanomalien in ganz Europa zu entsprechenden Verfrühungen und Verspätungen in der Vegetationsentwicklung.

Literatur:

Chmielewski, F.-M.; Rötzer, T. 2001: Response of tree phenology to climate change across Europe. Agricultural and Forest Meteorology 108, 101-112.

Rötzer, T.; Chmielewski, F.-M. 2001: Phenological maps of Europe. Clim.Res. 18(3), 249-257.

Chmielewski, F.-M.; Rötzer, T. 2002: Annual and spatial variability of the beginning of growing season in Europe in relation to air temperature changes. Clim. Res. 19, 257-264.