Humboldt-Universität zu Berlin - Albrecht Daniel Thaer-Institut für Agrar- und Gartenbauwissenschaften

BIENE

Honigbienen im Klimawandel

FZK Forschungsprojekt

Honigbienen im Klimawandel (BIENE)

gefördert durch das Fachzentrum Klimawandel (FZK) am Hessischen Landesamt für Umwelt und Geologie (HLNUG)

 

Zusammenfassung

Das Forschungsprojekt befasste sich mit der Frage, wie sich potentielle Klimaänderungen auf den Bienenflug und Honigertrag auswirken könnten. Das hierzu verwendete Bienenflugmodell konnte durch die Kopplung mit den phänologischen Stadien der frühesten und spätesten Trachtpflanze (Hasel und Winterlinde) deutlich verbessert werden und zeigt sehr gute Ergebnisse im Vergleich zu experimentell ermittelten Daten zum Bienenflug.

In der Untersuchung des potentiellen Bienenflugs an sechs Stationen in Hessen und Baden-Württemberg für die Jahre 1951–2015 zeigte sich ein Anstieg des potentiellen Bienenfluges im Jahr, bedingt durch wärmere Lufttemperaturen und damit einhergehend besseren Flugbedingungen. Dieser Trend ist ebenfalls für veränderte klimatische Verhältnisse auf der Basis von drei globalen Klimamodellrechnungen sichtbar. Für das Emissionsszenario RCP 8.5 („weiter-wie-bisher“-Szenario) konnte für die Periode 2071–2100 eine Steigerung des potentiellen Bienenflugs im Vergleich zum Zeitraum 1971–2000 um 25 % berechnet werden, für das Klimaschutzszenario (RCP 2.6) sind es noch 10 %. Diese Steigerung findet jedoch nicht zur Hauptblütezeit statt. Die steigenden Temperaturen bewirken eine Verfrühung der Blüte aller untersuchten Trachtpflanzen (Hasel, Birne, Süßkirsche, Sommerlinde) um im Mittel 7 (RCP 2.6) bis 21 (RCP 8.5) Tage. Betrachtet man den potentiellen Bienenflug zur Hauptblüte (Hasel bis Winterlinde), so sind keine signifikanten Änderungen sichtbar. Während der Obstblüte (Süßkirsche bis Apfel) ergibt sich sogar eine signifikante Verringerung des potentiellen Bienenflugs um 19 % (RCP 2.6) beziehungsweise 44 % (RCP 8.5). Der verfrühte Blühbeginn bedeutet keine direkte Desynchronisation zwischen Bienenflug und Blütezeit, bewirkt aber eine Verringerung der für Bienen nutzbaren Tageslichtstunden. Diese Reduktion der Flugstunden kann während der Hauptblüte durch steigende Temperaturen ausgeglichen, aber nicht übertroffen werden. Während der Obstblüte wird dieser Ausgleich nicht erreicht. Die Steigerung im potentiellen Bienenflug findet in der zunehmend wärmeren und bienenfluggeeigneten Zeitspanne im Spätsommer und Herbst statt, in der jedoch keine großen Trachten mehr vorhanden sind.

An dieser Stelle können Maßnahmen greifen, die nicht nur für Honigbienen sondern auch für Wildbienen und den Honigertrag der Imker/innen essentiell sind. Da der limitierende Faktor für den Bienenflug und Honigertrag die Trachtverfügbarkeit ist, sind als wichtigste Handlungsanweisung für das Wohlergehen sowohl der Honig-, als auch den Wildbienen schon bekannte Maßnahmen zu nennen: Der Erhalt von Lebensräumen mit Trachtpflanzen unterschiedlicher Blühzeiten, auch im landwirtschaftlichen Bereich, mit einer Abdeckung des Blühzeitraums im Spätsommer und Herbst. Dies ist insbesondere für Wildbienen unabdingbar, da für sie die positiven menschlichen Maßnahmen nicht bestehen (Schutz vor Parasitenbefall, Zufütterung in trachtarmen Zeiten, Wasserversorgung).

Honigbienen bereiten die höheren Temperaturen an sich keine Probleme, denn es gibt eine große Temperaturspanne, in der Bienenflug möglich ist. Erst ab 38 °C ist der Bienenflug deutlich eingeschränkt. Steigende Temperaturen sorgen dafür, dass Bienen früher und länger fliegen und sammeln können. Sie bedürfen trotzdem weiterhin der Pflege durch die Imker/innen, die sich auf neue Herausforderungen, auch den Klimawandel betreffend, einstellen müssen. Hierzu gehört eine intensivere Varroabehandlung, da warme Winter die Ausbreitung der Varroamilbe begünstigen. Während Trockenphasen muss die Wasserversorgung der Bienen gewährleistet sein. Außerdem muss die Trachtverfügbarkeit im Spätsommer und Herbst gegeben sein, sonst besteht unter Umständen die Notwendigkeit einer stärkeren Fütterung, wenn die Bienen durch warme Winter nicht oder erst sehr spät in die Wintertraube gehen.

Die Bestäubung von Obstbäumen wird wahrscheinlich noch stärker als jetzt schon durch Hummeln erfolgen, da diese weniger Licht und Wärme zum Fliegen benötigen.

Zusammengefasst kann gesagt werden, dass der Klimawandel, infolge steigender Lufttemperaturen, zu guten Flugbedingungen für Honigbienen führt. Limitierend sind andere Faktoren: Gibt es ein ausreichend großes und diverses Trachtangebot und kann der Parasitenbefall durch Eingriffe der Imker/innen eingedämmt werden, so können Honigbienen (und damit Imker/Innen) in den nächsten 100 Jahren von den veränderten Klimabedingungen möglicherweise sogar profitieren.

 
Das Forschungsprojekt wurde in Kooperation mit dem Länderinstitut für Bienenkunde Hohen Neuendorf e.V. (Prof. Dr. Kaspar Bienefeld) bearbeitet.

 

Referenzen:

Godow S, Bienefeld K, Chmielewski FM (2019): Honigbienen im Klimawandel, Abschlussbericht, Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG), 50 S.

 

https://www.hlnug.de/fileadmin/dokumente/klima/INKLIM__A/land-und-forstwirtschaft/honigbiene_endbericht.pdf